„Top down war gestern“ ist ein Satz, der mir leicht über die Lippen geht. Und sofort finde ich Zuspruch. Für Prof. Dr. Anneloes Raes, Associate Professor im ‘Department of Managing People in Organizations‘ an der Wirtschaftshochschule IESE, hat diese Art von Management ebenfalls ausgedient. Um Mitarbeitende im Unternehmen zu halten, ist gute Führung wichtiger denn je. Das C-Level (Top Management) eines Unternehmens muss umdenken, belegt sie in ihrer aktuellen Studie.
Nach 20 Jahren mitten drin in den Veränderungsprogrammen großer Unternehmen weiß ich: es braucht so viel mehr, um sich wirklich nachhaltig zu verändern! „Eine Anordnung von Oben“ reicht heute schon lang nicht mehr aus (außer vielleicht bei Militär und da gibt es viele gute Gründe für eine reibungslose Befehlskette!)

Zack, und schon habe ich mich dabei ertappt, wie ich etwas abwerte, was doch aus gutem Grund viele Jahre funktioniert hat. Grund genug, sich das Thema Top Down Entscheidungen noch einmal genauer anzuschauen!

Die Vor- und Nachteile von Top Down Entscheidungen im Change Prozess

Als Change Expertin werbe ich dafür, Menschen einzubinden, sie frühzeitig zu informieren, die Meinungsbildung bewusst zu fördern und sie dann an der Gestaltung der besten Lösung zu beteiligen. Gemeinsam getragene Lösungen sind immer noch auf das gleiche Ziel ausgerichtet und zudem effektiv und nachhaltig. Hier investieren wir etwas mehr Zeit in den Veränderungsprozess, um am Ende ein deutlich belastbareres Ergebnis zu erreichen. Natürlich ist das auf den ersten Blick mit „Top down“ Entscheidungsprozessen schwer zu machen.

In Veränderungsprozessen bringen Top-Down-Entscheidungen bestimmte Nachteile mit sich:

  1. Mangelnde Beteiligung und unzureichende Herleitung der Notwendigkeit zur Veränderung führt zu einer geringeren Akzeptanz des Wandels und zu einer geringeren Bereitschaft, den neuen Prozessen oder Verfahren zu folgen. Warum? Weil die Bedenken der Mitarbeitenden nicht beachtet und ihre operative Erfahrung nicht genutzt wurde.
  2. Eine geringere Akzeptanz des Wandels führt unweigerlich dazu, dass die Mitarbeitenden versuchen, ihren einfachsten Weg in dieser neuen Welt zu finden und das endet oft in Schattenprozessen und Workarounds. Das macht das Unternehmen intransparent und die Energie der Mitarbeitenden wird entgegen der angestrebten Lösung aufgewendet. So kommen wir nicht zum Ziel.
  3. Das Unternehmen ist unflexibel. Da die Mitarbeitenden nicht dazu aufgefordert sind, proaktiv mitzudenken, kann oft nicht schnell genug auf Veränderungen oder unvorhergesehene Ereignisse reagiert werden. Doch das wird in Zukunft immer wichtiger.
  4. Die Leistungsbereitschaft sinkt, weil die Mitarbeitenden keine Kontrolle über den Wandel haben und ihre Meinungen und Ideen nicht berücksichtigt werden.

Top-Down-Entscheidungen können im Change also zu Problemen führen, die den Erfolg des Wandels gefährden. Doch eben nicht nur, es gibt auch diverse Vorteile, die es nicht zu verlieren gilt:

  1. Effizienz: Top-Down-Entscheidungen können schnell und effizient getroffen werden. Dies kann dazu beitragen, den Wandel schneller umzusetzen und die Auswirkungen auf das Unternehmen und die Mitarbeitenden zu minimieren.
  2. Eine klare Vision für den Wandel: Da die Entscheidungen von oben getroffen werden, gibt es eine gemeinsame, Vision für den Wandel, gefolgt von klaren Anweisungen, die den Mitarbeitenden helfen, zu verstehen, was von ihnen erwartet wird und wie der Wandel umgesetzt werden soll.
  3. Eine stabile und konsistente Umsetzung des Wandels: Entscheidungen und Anweisungen von oben fördern eine einheitliche Vorgehensweise. Dies trägt dazu bei, Verwirrung und Unsicherheit unter den Mitarbeitenden zu minimieren.

Können wir das Beste des „Top down“-Ansatzes nutzen und trotzdem die Nachteile vermeiden?

Ja! Und das müssen wir sogar, wenn wir unser Unternehmen zukunfts-fit halten wollen!

Um unser Unternehmen effizient und effektiv durch eine Phase der Veränderung zu führen, brauchen wir bis zu einem gewissen Maße Top-Down-Entscheidungen im Change Prozess. Sie liefern die nötigen sicheren Rahmenbedingungen, in denen sich die partizipativen Prozesse der nachhaltigen Veränderung entfalten können! Wenn die Vision hinter der Transformation mit klaren Zielen belegt und sorgfältig kommuniziert wird, gibt es der Belegschaft eine klare Richtung vor. Das schafft Orientierung! Ebenso liefert ein konsistenter Prozess für die Umsetzung, einen stabilen Rahmen, indem Beteiligungsprozesse stattfinden können. Sie ermöglichen uns, die Schwarmintelligenz des Unternehmens auf eine strukturierte Art für das Lösungsbild einzusetzen.

Glückliches Team.

Fazit:

Wenn wir uns den Herausforderungen von Morgen stellen wollen, muss die Einbindung der Mitarbeitenden in unsere Entscheidungs- und Veränderungsprozesse zur Routine werden.

Es geht nicht darum, ab morgen alles basis-demokratisch zu entscheiden. Im Wesentlichen geht es um zwei Dinge: gegenseitigen Respekt & kollektives Wissen.
Ja, wir brauchen weiterhin ein gewisses Mass an Top Down Entscheidungen im Change Prozess, weil sie vielen Mitarbeitenden die nötige Sicherheit geben, bevor sie selbst aktiv werden. Das Zauberwort für Führungskräfte lautet: MUT. Mut, sich als Top Führungskraft nur auf die Rahmenbedingungen zu konzentrieren. Mut, nicht alles unter Kontrolle zu haben. Und Mut, sich dem partizipativen Prozess anzuvertrauen, ohne zu Wissen, was das Ergebnis sein wird.

Was wir dadurch gewinnen:

  1. Wir gewinnen Zeit. Wenn die Mitarbeitenden frühzeitig informiert sind und am Lösungsprozess teilhaben, können sie sich mit dem Thema umgehend auseinandersetzen, darauf einstellen und Vorbehalte abbauen.
  2. Wir erarbeiten eine tragfähige, akzeptierte Lösung. Informierte Mitarbeitende können sich durch fachspezifische Fragen und Hinweise in die Diskussion einbringen, helfen, Fehler zu vermeiden und eine tragfähige Lösung zu entwickeln. Das Unternehmen kann so sein Schwarmwissen nutzen und erhöht gleichzeitig die Change auf eine akzeptierte Lösung.
  3. Wir steigern unsere Arbeitgeberattraktivität. Dieser Prozess als etabliere Routine und Element der Unternehmenskultur demonstriert die Wertschätzung aller Beteiligten und ist Kennzeichen eines attraktiven Arbeitgebers.


Meine Empfehlung für Führungskräfte in Change und Transformation:

  1. Habe den Mut, die Kontrolle aus der Hand zu geben!
  2. Gebe ein klares Zielbild vor!
  3. Beteilige große Gruppen an der Lösungsfindung!
  4. Steuere den Beteiligungsprozess und nicht die Details der Lösung!

Wenn Du Dich dazu näher austauschen möchtest, zu Deiner aktuellen Situation ein paar Anregungen gebrauchen kannst oder gern für einen kurzen Zeitraum einen Sparringspartner für Dein Transformationsprogramm hättest, dann nimm gern Kontakt auf!

QUICK-FIX – In nur 90 Minuten einen großen Schritt weiter in Deinem Change Projekt!

CHANGE COACHING – Deine Expertin auf der Schulter! In 6-7 Sessions begleite ich Dich durch Deine Change Herausforderungen.

Um das Thema zu vertiefen, kann ich Dir folgende Links empfehlen:

Link zum „Hearconomy“-Podcast Interview mit Prof. Dr. Anneloes Raes zu den Ergebnissen ihrer Studie.

Teile diese Seite mit einem Klick auf:

en_GBEnglish (UK)